Von traditional und non-traditional students: Wie sehen sich hochschulische Lerner*innen selbst?

Nur wenige hochschulische Lerner*innen sind an der Universität Klagenfurt klassische traditional students, also solche, die unmittelbar nach der Reifeprüfung mit dem Studium beginnen und ihr Studium ohne begleitende Berufstätigkeit verfolgen. Dennoch gelten non-traditional students in vielen wissenschaftlichen Diskursen als die Abweichung der Norm. Julia Stopper untersucht im Rahmen ihrer erwachsenenbildungswissenschaftlichen Dissertation am Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung, wie sich Studierende bezogen auf ihre Berufserfahrung und ihrem Studium an der Hochschule selbst wahrnehmen.

Die quantitative Erhebung im Wintersemester 2018/19 ergab ein recht klares Bild darüber, wie „traditionell“ die Studierenden in Klagenfurt eventuell sind: Rund 89 Prozent der befragten Studentinnen und Studenten sind neben ihrem Studium berufstätig, etwa die Hälfte davon arbeitet auch in einem Bereich, der inhaltlich zu dem Studium passt. Angesichts dieser Zahlen stellt Julia Stopper, die die Studie im Auftrag des Vizerektorats für Lehre gemeinsam mit Florian Kandutsch vom Institut für Volkswirtschaftslehre durchgeführt hat, die Frage: „Kann man da noch von traditional und non-traditional sprechen?“

Julia Stopper konnte im Rahmen ihrer Literaturrecherche außerdem ermitteln, dass in der Debatte über die verschiedenen Bildungswege von Studierenden die Begrifflichkeiten diskursiv entscheidend sind. Spricht man von non-traditional students, schwingt dabei oft eine defizitorientierte Sichtweise mit, geht man doch davon aus, dass diese Studierendengruppe beispielsweise einen erhöhten Beratungs- und Unterstützungsbedarf habe. Julia Stopper geht es aber über benachteiligende Diskurse hinaus darum, stärker die Potenziale der berufserfahrenen Studierenden hervorzuheben. Dazu unternimmt sie nun im Zusammenhang mit ihrer Dissertation eine wissenschaftliche Tiefenbohrung und befragt qualitativ-rekonstruktiv Studierende nach ihren Bildungs- und Berufswegen. Bisher vorliegende Befunde zeigen beispielsweise, dass berufserfahrene Studierende selber eher eine positive Auswirkung des Studiums auf den Beruf wahrnehmen als umgekehrt. Besonders hier könnte man laut Stopper ansetzen: Was kann diese Zielgruppe zur Verbesserung der Hochschuldidaktik, zur Aktualisierung hochschulischer Lehr-/Lernbedingungen beitragen bzw. für die oftmals noch auf traditional students fokussierte Universität im Allgemeinen einbringen?

Julia Stopper kann hier auch auf ihren eigenen Bildungsweg zurückblicken: Für sie war es normal, neben dem Studium zu arbeiten: „Das habe ich aber auch als Hürde wahrgenommen, musste ich mir meine Zeitressourcen doch sehr sorgfältig einteilen“, berichtet sie uns. Stopper, die heute als Universitätsassistentin an der Universität angestellt ist, hat in verschiedenen Kontexten Menschen in Phasen der beruflichen Umorientierung beraten und daher viel Erfahrung damit gesammelt, wie sich berufliche Wandlungsprozesse gestalten. Dieses Wissen nutzt sie nicht nur für ihre Doktorarbeit, sondern auch für ihren eigenen Weg. Julia Stopper geht es darum, das Thema an sich weiterzuentwickeln; in welcher Rolle sie dies nach Abschluss ihres Doktorats macht, ist für sie aktuell zweitrangig.

 

Auf ein paar Worte mit … Julia Stopper

Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftlerin wären?

Ich würde im Feld der Bildungs- und Berufsberatung tätig sein, sehe diesen Prozess jedoch grundsätzlich noch nicht als abgeschlossen

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?

Nicht im Detail, Gespräche mit ihnen helfen mir aber immer wieder meinen Fokus neu zu setzen und dadurch Klarheit zu bekommen

Was machen Sie im Büro morgens als Erstes?

Ich öffnen das Fenster und schreibe meine „Morgenseiten“

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?

Für mich sind aktuell kleine, aber bewusst gelebte Auszeiten viel wichtiger

Was bringt Sie in Rage?

Unzuverlässigkeit und Unehrlichkeit

Und was beruhigt Sie?

Familie, Freunde und Yoga

Wer ist für Sie die bzw. der größte Wissenschaftler*in der Geschichte und warum?

Da kann ich mich nicht festlegen, es gibt für mich viele Persönlichkeiten, die mich durch ihr Schaffen beeindrucken oder für meine Arbeit inspirierend sind

Wofür schämen Sie sich?

Manchmal für meine Ungeduld, noch mehr aber für die gesellschaftlich vorherrschende Bildungsbenachteiligung

Wovor fürchten Sie sich?

Klimakrise

Worauf freuen Sie sich?

Auf alle privaten und beruflichen Aufgaben und Herausforderungen, die noch auf mich zukommen werden

Be first!

Be First! will Schüler*innen, die als erste in ihrer Familie studieren wollen, ermutigen ein Studium aufzunehmen. Mentor*innen, die selbst an der Universität Klagenfurt studieren, geben Dir erste Einblicke in das Studieren und helfen Dir bei allem, was damit zusammenhängt, wie z. B. bei Studienwahl, Studieneinstieg oder Stipendien. Sie unterstützen Dich in Deinem letzten Schuljahr sowie im ersten Studienjahr. Mehr