Der Unterricht von morgen: Industriellenvereinigung und Alpen-Adria-Universität stellen gemeinsames Konzept vor

Wie kann es gelingen, Begeisterung für Naturwissenschaft und Technik bei Kindern durch einen „Unterricht von morgen“ zu bewahren und weiter auszubauen? Experten des Instituts für Unterrichts- und Schulentwicklung arbeiteten nun an einem Papier mit der IV.

Industrie und Wirtschaft klagen seit Jahrzehnten über ein zentrales Problem: Acht von zehn Industrieunternehmen hätten demnach Probleme, qualifiziertes Personal – von der Fachkraft bis hin zu akademisch Graduierten – in Zukunftsbereichen wie Technik, Produktion oder Forschung und Entwicklung zu finden. Zwar ist der prozentuale Anteil von 20- bis 30-Jährigen, die einen tertiären Abschluss in einer naturwissenschaftlichen oder technischen Disziplin aufweisen, in den letzten Jahren gestiegen (2004: 0,85% der Bevölkerung, 2009: 1,40% der Bevölkerung), jedoch decke diese Steigerung den Bedarf der Unternehmen keineswegs.

„Eine Bestandsaufnahme in Österreich zeigt, dass das Interesse an einem naturwissenschaftlichen Studium deutlich unter dem OECD-Schnitt liegt“, so Autor Florian H. Müller. Einer der weiteren Autoren Konrad Krainer, Direktor der School of Education an der AAU, stellt in der Analyse folgende Problemfelder des heutigen Unterrichts dar: „Obwohl es schon viele gute Ansätze gibt, herrschen tendenziell noch immer zu häufig rezeptive Lernformen vor und es ist nur wenig problemlöseorientierter oder anwendungsbezogener Unterricht zu finden. Außerdem wird zu wenig fächerübergreifend und in fachheterogenen Lehrerteams unterrichtet. Innere Differenzierung ist in der Sekundarstufe I und II nur ansatzweise umgesetzt und die Fachdidaktik ist personell und strukturell in Österreich noch schwach verankert.“

Die gemeinsam mit Wolfgang Haidinger, verantwortlich für Bildung, Innovation und Forschung der IV, formulierte Vision „MINT2020“ (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) bietet eine Antwort auf diese Probleme. Dabei stellen die Autoren bewusst die Schülerinnen und Schüler und ihr Lernen in den Mittelpunkt. Florian H. Müller dazu: „Den einen ‚guten‘ Unterricht gibt es aber nicht. Die Qualität ist immer von Zielen, Lernvoraussetzungen, Lehrpersonen und Rahmenbedingungen abhängig.“ Die Vision der Autoren: Der MINT2020-Unterricht ist offen und handlungsorientiert, er favorisiert forschendes Lernen mit einer Kultur des konstruktiven Umgangs mit Fehlern. Außerdem ist er anwendungsorientiert und praxisnah und verbindet soziales und fachspezifisches Lernen. Er bietet differenzierte Lerngelegenheiten und eine Förderkultur im Sinne innerer Differenzierungsmaßnahmen. Weitere wichtige Bausteine sind Kooperationen mit Betrieben und Forschungseinrichtungen, eine neue Prüfungskultur, neue Fächer, bessere Bildungs- und Berufsberatung und eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften.

Vorgestellt wird ein 12-Punkte-Programm mit Ressourcen, die der MINT-Unterricht von morgen benötigt: unter anderem ein durchgängiges Curriculum vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe II. Auf struktureller Ebene gelte es laut den Experten den Unterricht zu flexibilisieren, auf die Schwerpunktsetzung bei der Mittelvergabe zu achten, MINT-BildungsmanagerInnen auszubilden und Innovationstage und MINT-Wochen einzuführen. Darüber hinaus brauche es eine innovative Personalentwicklung mit einer optimierten Aus- und Fortbildung von Lehrkräften und einer neuen Bildungs- und Berufsberatung sowie innovative Hochschulen und Universitäten, die sich stärker in Fachdidaktik und Bildungsforschung etablieren.

Das gesamte Papier steht unter http://ius.aau.at zum Download zur Verfügung.