Ich bin ein Wolf. Egal, was passiert, ich überlebe.

Der Bedeutung von kulturellen Aspekten in der Psychologie geht der 5. Kongress der transkulturellen Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an der Alpen-Adria-Universität (23. – 25. September 2011) nach.

Als Bildschirmhintergrund bei vielen Handys wird er sichtbar. Für tschetschenische Jugendliche ist der Wolf eine wichtige Symbolfigur: Der Legende nach überlebte er als einziger ein furchtbares Unwetter, zwar ohne Fell, aber er überlebte. In der seit Generationen von Krieg geprägten Kultur Tschetscheniens bietet er jungen Menschen eine wichtige Identifikationsmöglichkeit. Viele, die vor Gewalt und Verfolgung flüchten konnten, kommen ohne Familie und Habseligkeiten. Ihre Stärke beziehen sie häufig aus dem Glauben, ähnlich wie der Wolf, auf alle Fälle überleben zu werden.

Dies ist nur ein Beispiel für die vielfältigen kulturellen Aspekte in der Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Psychisches Leiden wird unterschiedlich interpretiert, kommt mit unterschiedlichen Symptomen ans Tageslicht und braucht daher auch eine Behandlung, die auf Transkulturalität Rücksicht nimmt. Herwig Oberlerchner, Primarius der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikum Klagenfurt, kennt den großen Bedarf. Viele PatientInnen, die mit der Abteilung Kontakt aufnehmen, haben Migrationshintergrund. Bei freiwilligen MigrantInnen überwiegen als Kontaktgrund interkulturelle Konflikte (hier sind Kenntnisse der transkulturellen Psychiatrie erforderlich), bei unfreiwilligen MigrantInnen jedoch überwiegen die Symptome der Traumafolgeerkrankungen, was umfassende Kenntnisse im Bereich der Psychotraumatologie erfordert.

Viele dieser PatientInnen sind durch politische Verfolgung und Flucht traumatisiert und werden durch die häufig schlechte Behandlung in ihren Asylländern weiter verletzt. An diesem Punkt setzt die Forschungstätigkeit von Klaus Ottomeyer, Professor am Institut für Psychologie und Obmann des Kongresses, an. Im Forschungs- und Beratungszentrum Aspis betreut er gemeinsam mit KollegInnen traumatisierte Menschen. Für ihn ist es wichtig, in der transkulturellen Arbeit den PatientInnen etwas anzubieten, das sie aus der eigenen Kultur kennen. Nur so kann Vertrauen aufgebaut und können vorhandene Ressourcen gestärkt werden. Wichtig sind dabei die so genannten Resilienzfaktoren, die die Widerstandsfähigkeit von einzelnen Personen ausmachen: Als besonders resilient haben sich in der Forschung jene Gruppen von Menschen herausgestellt, die von starken Familienverbänden oder sozialen Netzwerken getragen sind, die sich stark an Werten – sei es aus Glauben, Politik oder Mystik – orientieren und die einen Sinn in den (traumatisierenden) Ereignissen und deren Folgen sehen können. Diese Aspekte werden stark von Kulturen geprägt.

Der 5. Kongress der transkulturellen Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik findet von 23. bis 25. September 2011 statt. Eingeladen sind Menschen in allen beratenden Berufen. Alle weiteren Informationen unter www.transkulturellepsychiatrie.at.