Schneller und ruckelfreier Videogenuss

Pro Minute werden auf YouTube mehr als 500 Stunden Videomaterial veröffentlicht. Bewegte Bilder machen heute einen Großteil des Datenverkehrs aus, und ein Ende ist nicht absehbar. Umso wichtiger sind Technologien, die das Videostreaming effizienter machen. Daran arbeitet Hadi Amirpourazarian im Christian Doppler Labor ATHENA an der Universität Klagenfurt.

Eine lange Zugfahrt von Bregenz nach Wien, die Internetverbindung ist mal hervorragend, mal extrem langsam, hie und da können wir auf WLAN setzen, meistens nicht. Zeitlich eignet sich eine solche Bahnfahrt perfekt für einen Serienmarathon. Dass wir die Videos unter diese teilweise widrigen Bedingungen auch in einer guten Qualität genießen können, ohne ständig darauf zu warten, bis weitere Videoteile geladen werden, dafür sorgt eine Technologie, die an der Universität Klagenfurt ständig weiterentwickelt wird. Im Christian Doppler Labor ATHENA arbeiten Forscher*innen aus aller Welt daran, dass das Videostreaming immer besser wird, bei gleichzeitig ständig steigendem Videovolumen im Internet.

Einer von ihnen ist Hadi Amirpourazarian. Wir treffen ihn zwei Tage nach seiner erfolgreichen PhD-Defensio im Büro im Lakeside Park und fragen zögerlich, ob man sein Forschungsthema auch einem technisch unbegabten Nachbarn am Gartenzaun erklären kann. „Ja, das ist etwas, das durch die COVID-Situation wesentlich einfacher geworden ist, sitzen wir doch seit zwei Jahren mehr denn je vor unseren Bildschirmen und konsumieren Serien, Filme und Sportübertragungen von diversen Streaminganbietern. Unser Job ist es, das Videostreaming effizienter zu machen“, erklärt er. Was bedeutet in diesem Zusammenhang „effizient“? „Wir wollen, dass die Videos bei dem*der User*in mit einer höheren Qualität zu geringeren Kosten ankommen. Das ist unser wichtigstes Ziel.“ Mit Kosten meint er dabei nicht nur das Finanzielle, sondern auch Rechenaufwand, Zeit und Energie.

Uns erklärt er, wie man dabei vorgeht: „Zuerst werden die Videos in kurze vier bis fünfsekündige Sequenzen unterteilt. Dann komprimieren wir diese Teile für verschiedene Levels. So bekommt man die beste Qualität auch nur, wenn man gerade eine sehr gute Internetverbindung hat. Angepasst an die Versorgung wird das Video dann stückweise geliefert. Dabei wollen wir, dass man auch mit einer langsamen Internetverbindung das Bestmögliche bekommt. So kann man bei einer langen Zugfahrt mit wechselnden Verhältnissen dennoch durchgehend einen Film genießen.“

In diesem Forschungsfeld gelangen in den letzten zehn Jahren entscheidende Durchbrüche. 2013 erschien ein Standard für die Komprimierung, mit dem man die Größe des Videos bei gleichbleibender Qualität um 50 Prozent reduzieren konnte. Gleichzeitig verbraucht die Komprimierung aber auch Rechenzeit und Energie. „In Summe zahlt sich der Aufwand aber aus“, lässt uns Hadi Amirpourazarian wissen. 2020, gerade rechtzeitig zur Pandemie, kam dann ein neuer Standard, mit dem man die Videos nochmals um 50 Prozent kleiner machen kann. Nun geht es darum, die Komprimierung noch schneller zu machen. Ein Ansatz dafür: „Wir nutzen Techniken, mit denen wir von einem Qualitätslevel ausgehend auf die anderen Encoding-Prozesse rückschließen. So können wir die Zeit für die Komprimierung auch reduzieren.“

Hadi Amirpourazarian ist am ATHENA Labor, das an das Institut für Informationstechnologie angegliedert ist und von Christian Timmerer geleitet wird, Teil eines internationalen Teams von Forscher*innen aus Indien, dem Vietnam, Spanien, dem Iran und der Türkei. Sie beschäftigen sich mit der gesamten Kette des Videostreamings: von der Komprimierung der Videos über die Verteilung des Contents bis hin zum Player, der auch möglichst effizient sein muss. Amirpourazarians Schwerpunkt liegt im ersten Workpackage. Er selbst hat in Teheran seinen Master in Elektrotechnik gemacht und forschte dann für eineinhalb Jahre an Telekommunikationstechnologien in Lissabon. Im Herbst 2019 kam er ans ATHENA Labor nach Klagenfurt, wo er zuletzt sein Doktorat abgeschlossen hat. Hadi Amirpourazarian hat nun eine Postdoc-Stelle inne und will in der akademischen Welt bleiben, wie er uns erzählt: „Ich mag die Forschung und ich mag die Freiheit der Forschung. Ich kann arbeiten, woran ich will, und kann Ideen weiterentwickeln. Das ist für mich sehr wichtig. Und ich kann unterrichten, was ich auch sehr gerne mag.“ Österreich liegt dem Iraner, auch das Wetter: „Ich komme aus dem Nordwesten des Iran, wo es gebirgig ist und das Klima sehr den Bedingungen hier gleicht. An manchen Tagen ist es dort sogar kälter als in Österreich.“

für ad astra: Romy Müller

Auf ein paar Worte mit … Hadi Amirpourazarian


Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftler geworden wären?
Lehrer

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?
Ich gebe ihnen immer einen Überblick.

Was machen Sie im Büro morgens als erstes?
Ich trinke einen Kaffee.

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?
Ich habe das vor.

Was bringt Sie in Rage?
Menschen, die unsere Zeit nicht respektieren

Und was beruhigt Sie?
Spazieren und Radfahren

Wer ist für Sie der*die größte Wissenschaftler*in der Geschichte und warum?
Ich bewundere alle Wissenschaftler*innen, die zum menschlichen Fortschritt beitragen.

Worauf freuen Sie sich?
Deutsch zu lernen