Paketzustellung aus der Luft: Drohnen als Lieferdienste

Was bisher auf Straßen zu uns geliefert wird, könnte in Zukunft von Drohnen gebracht werden. Mit vielen Vorteilen: Die schlechte Verkehrsinfrastruktur am Land oder die Staus in Großstädten könnten so umgangen werden. Amazon kündigte als einer der ersten 2013 an, Waren automatisiert mit kleinen, autonomen Helikoptern zustellen zu wollen. Doch wann könnte diese Technologie in unser aller Alltag ankommen? Antworten dazu gibt der Drohnenforscher Pasquale Grippa.

Wenn ein Paket mit 2 Kilogramm von einem Wagen, der selbst 2.000 Kilogramm wiegt, geliefert wird, haben wir ein Effizienzproblem“, so Pasquale Grippa, Forscher am Institut für Vernetzte und Eingebettete Systeme der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt in Österreich. Würde nun eine Drohne, die selbst nur ein paar Kilo wiegt, ein solches Paket liefern, wäre die dafür aufgebrachte Energie besser eingesetzt, wie er ausführt.

Doch nicht nur so ließe sich für den Einsatz von Drohnen argumentieren, sondern auch mit dem Zeitfaktor. Als Beispiel nennt Pasquale Grippa die Zustellung von Defibrillatoren in Notfällen. Das Risiko, an den Folgen eines Herzstilltandes zu sterben, steigt mit jeder Minute um 7 bis 10 Prozent, in der den Patientinnen und Patienten nicht geholfen werden kann. Kann nun ein Defibrillator sehr schnell per Luft an den Unglücksort gebracht und dort von einer kundigen Person eingesetzt werden, steigen die Überlebenschancen immens. Ähnlich überlebensnotwendig ist es auch, Medikamente in schwierig zu erreichende Gebiete ohne funktionierende Straßen zu bringen.

Solche Technologien sind bereits im Einsatz: Beispielsweise in Ruanda, wo das US-amerikanische Startup-Unternehmen Zipline schwer zugängliche Gebiete mit Medikamenten und Blutkonserven versorgt. Das ebenso in den USA gegründete Unternehmen Matternet arbeitet derzeit in der Schweiz an der Verbindung von Labors und Krankenhäusern, um Medikamente sowie
Blut- und Gewebeproben schneller und günstiger von A nach B zu bringen.

Daran, dass Drohnennetzwerke schnell und günstig agieren können, arbeiten Forscherteams weltweit. In Klagenfurt hat man sich im Projekt SOSIE darauf spezialisiert, die Systemintelligenz weiter auszubauen, im Falle von Lieferdiensten also Fragen wie folgende zu beantworten: Welcher Kunde wird als nächster bedient? Welche Drohne bedient den nächsten Kunden? Von welchem Depot wird die Ware ausgehoben? Was machen die Drohnen, wenn keine Aufträge warten? „Wir wollen mit unserer Forschung eine Dimensionierung eines drohnenbasierten Lieferdienstes erarbeiten, wie sie zum Beispiel von einem Unternehmen für die Planung eines solchen Systems verwendet werden kann“, erklärt Grippa. Bei ihren Berechnungen setzt das Forscherteam die monetären Kosten in Verhältnis zur erwarteten Lieferzeit. Die Ergebnisse zeigen unterschiedliches Verhalten bei verschiedenen Jobzuteilungen. „Es handelt sich um komplexe Systeme und wir müssen noch viel über die wichtigsten Parameter zur Verbesserung der Performance herausfinden“, so Grippa, denn: „Der Kunde möchte nicht warten.“ Dabei steht für die Forschungsgruppe, die gefördert vom Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds (KWF) und in enger Kooperation mit der Lakeside Labs GmbH arbeitet, eine möglichst autonome Organisation im Vordergrund. „Die
Intelligenz soll nicht von jemandem ausgehen, der das System von außen steuert, sondern selbstorganisiert im Drohnennetzwerk entstehen.“ Die Drohnenforscherinnen und -forscher arbeiten also an der Schnittstelle von Mathematik und künstlicher Intelligenz.

Doch wann soll es nun soweit sein, dass sich jedermann und jederfrau das Buch, die Schuhe oder die Schachtel Pralinen per Drohne nach Hause liefern lassen kann? Pasquale Grippa schätzt, dass in rund zehn Jahren in den Städten (fast) nur noch Drohnen als Kuriere unterwegs sein könnten. Die Technologie ist eine interessante Nische mit großem Potenzial für Start-ups. Wenig Zukunftspotenzial hat dabei allerdings der Job der Kuriere und Lieferdienste: „Der Einwand stimmt, aber wir sollten uns als Gesellschaft auch fragen: Gibt es dafür in Zukunft vielleicht auch
neue, interessantere Jobs? Oder vielleicht müssen wir in einer stärker von Digitalisierung geprägten Welt alle ein wenig weniger arbeiten?“, so Grippa.

Text: Romy Müller | Veröffentlicht: eMove360°