Otmar Stark – Sehnsucht.

Otmar Stark

Sehnsucht

 

Tagebucheintrag am 21.02.1980

Gestern ging wieder ein Tag zu Ende, der mir gezeigt hat, wie schön das Leben wäre, wenn es keine Sehnsucht gäbe. Der Ausflug, den wir mit der Dorfgemeinschaft Radweg machten, gab mir die Gewissheit, dass der Brand, bei dem ich glaubte, er wird verlöschen, nie mehr aufhören wird zu lodern. Immer wird eine Freude in mir ungeteilt bleiben. Als ich oben am Pyramidenkogel stand und ergreifend über die schöne Heimat blickte, träumend der gottbegnadeten Stille lauschte, schob sich ein Bild vor meine Augen, welches ich nicht imstande bin aus meinem Herzen zu verbannen. Und später die Fahrt auf den Loiblpass. Die herrliche Gebirgswelt Kärntens, die erhabene Schönheit der Berge, das ewige Brausen des Windes, welcher über die Grate und Gipfel rauscht. Alles ist dazu angetan, um die Sehnsucht wieder wach werden zu lassen um Verlorenes, welches man einmal besaß, als Glück zu betiteln. Ja, all die Schönheit der Natur kann die Freude niemals ganz voll machen. Solche Schönheiten kann man nur mit einem Menschen, mit dem man von ganzem Herzen gut ist, erleben. Denn bei einem alleinigen sich freuen, bleibt trotzdem immer die Sehnsucht, solch Herrlichkeiten auch mit einem geliebten Menschen zu erleben, um richtig froh zu werden.

Ja es stimmt, äußerlich habe ich mich nicht über das Alleinsein zu beklagen. Immer wieder klang es in mir und ich sagte mir. Otmar, schau wie herrlich und schön alles ist.  Es sieht mir auch keiner an, dass ich nicht immer bei der Sache war. Ich habe gelernt mein Äußeres zu beherrschen. Nur einer merkt, dass alles nur Komödie ist, um einen tiefen Schmerz zu verbergen. Ja, Schorsch, du hast recht, wenn mein Mund auch anders spricht. Aber solch eine Liebe kann man nicht von Heut auf Morgen wie ein Stück Wäsche wechseln. Dazu gehört Zeit, wenn es überhaupt möglich ist. Bis jetzt ist mein Gefühl für sie so intensiv, wenn nicht noch stärker, dasselbe geblieben. Der letzte Brief, den sie mir als Kameradin schrieb, zeigte mir, dass es auch ihr nicht leicht ist, um das Gewesene zu vergessen. Drum will ich warten und rein bleiben, vielleicht wird meine Treue einmal belohnt. Seit damals, als ich ein unschuldiges Mädel in Liebe erweckte, habe ich mit keiner mehr etwas gehabt. Bis auf ein paar……! Die aber immer mit harmlosen Küssen…..! Ich weiß auch, das soll ich nicht machen, aber der Kussteufel und das Spiel mit der Liebe hält mich noch immer in seinen Krallen. Eigentlich bin ich jetzt ja frei und kann machen was ich will, aber eine innere Stimme befiehlt mir. Bleibe treu, du wirst belohnt werden. Ich will auf sie horchen, sie hat mich noch nie betrogen!