Mit wem treffen wir gute Entscheidungen?

Wenn wir täglich Entscheidungen treffen, sei es im Berufs- oder im Alltagsleben, stehen wir oft vor komplizierten Herausforderungen, die wir nicht immer alleine, sondern besser im Team bewältigen können. Dario Blanco Fernandez, Doktorand am Doktoratskolleg DECIDE (Decision-making in a digital environment), möchte in Erfahrung bringen, wie Menschen zusammenarbeiten, wenn es darum geht, gemeinsam Aufgaben zu lösen und zu (guten) Entscheidungen zu gelangen.

Dario Blanco Fernandez nimmt dabei besonders die Teamkonstellationen in den Blick: Wie muss eine Gruppe von Menschen zusammengestellt sein, damit sie zu (guten) Entscheidungen kommt? Wie beeinflussen die Entscheidungen einer einzelnen die Entscheidungen von anderen? Bisher ging die Literatur davon aus, dass Veränderungen der Gruppenkonstellationen zu schlechteren Leistungen führen. Das Ziel von Blanco Fernandez Forschung ist es herauszufinden, welche Effekte die Instabilität der Konstellationen auf die Leistungsfähigkeit beim Lösen von komplexen Aufgaben hat.

Blanco Fernandez arbeitet vor allem mit Simulationsmodellen. Basis ist das NK-Modell, das aus der Biologie kommt, aber auch für Fragestellungen in den Organisationswissenschaften anwendbar ist. „Wir nehmen also Modelle und simulieren sie mit verschiedenen Variablen am Computer“, erläutert Dario Blanco Fernandez dazu. Gefragt danach, ob auch Tests mit realen Menschen vorgesehen sind, erklärt er: „Bis jetzt noch nicht, aber vielleicht in der Zukunft.“ Erste Ergebnisse zeigen, dass die Reorganisation von innovativen und stark leistungsfähigen Teams in bestimmten Situationen vorteilhaft sein kann.

Dario Blanco Fernandez hat an der Universidad de Oviedo sowie an der Universidad Carlos III de Madrid in Spanien Wirtschaft studiert. Auslandssemester führten ihn an die Humboldt-Universität zu Berlin sowie an die Universiteit Maastricht. Seit einem Jahr forscht er im Doktoratskolleg DECIDE an der Universität Klagenfurt. Die Arbeit in der akademischen Welt schätzt der Spanier aufgrund der hohen Flexibilität, außerdem lässt er uns wissen: „Wenn ich forsche, habe ich auch das Gefühl, etwas für mich zu machen. Ich habe den Eindruck, mit dem Mehr an Wissen auch persönlich wachsen zu können.“ Selbst aus einer kleinen Stadt stammend, lebt Dario Blanco Fernandez gerne im beschaulichen Klagenfurt und hofft, den neuen Lebensort in den kommenden zwei Jahren – mit weniger Corona bedingten Einschränkungen – besser kennenlernen zu können.

Für Dario Blanco Fernandez gibt es noch viel über das menschliche Verhalten in Entscheidungssituationen und beim Problemlösen herauszufinden. „Es ist wichtig zu verstehen, wie wir uns verhalten. Wenn wir mehr darüber wissen, kommen wir auch zu besseren Entscheidungen“, ist er überzeugt.

Auf ein paar Worte mit … Dario Blanco Fernandez



Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftler geworden wären?

Ich würde vielleicht in der öffentlichen Verwaltung arbeiten. Damit habe ich bereits Erfahrung gesammelt. Die Arbeit war sehr angenehm, gleichzeitig war es aber nicht das, was ich langfristig tun wollte.

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?

Es ist schwierig für sie, weil ich der erste in der Familie bin, der in der Wissenschaft arbeitet. Die meisten in meiner Familie waren oder sind Arbeiter*innen im Bergbau oder am Bau. Deren Welt ist eine ganz andere als meine. Trotz allem unterstützen sie mich immer voll und sind gewillt, besser zu verstehen, was ich so mache.

Was machen Sie im Büro morgens als Erstes?

Ich mache mir immer einen Tee, um mit frischem Geist in den Tag zu starten.

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?

Ja, das mache ich. Ich denke, dass es nötig ist, sich von Zeit zu Zeit von der Arbeit zu lösen. So kann man auch realisieren, dass es noch mehr im Leben gibt. Dann kann man wieder mit frischen neuen Perspektiven und Ideen zur Arbeit zurückkehren.

Was bringt Sie in Rage?

Eigentlich nicht viele Dinge, in Bezug auf meine Arbeit war das noch gar nicht der Fall.

Und was beruhigt Sie?

Wann auch immer ich mich gestresst fühle, lenke ich meine Gedanken komplett anderen Dingen zu, wenn ich das Büro verlassen habe. Zu lesen, etwas Sport zu treiben oder Videogames zu spielen, hilft mir dabei.

Wer ist für Sie der*die größte Wissenschaftler*in der Geschichte und warum?

Das ist sehr schwer zu beantworten. Ich denke, dass Wissenschaft nicht der Erfolg einzelner ist. Vielmehr zählt der gemeinsame Prozess des Wachsens und Verbesserns im Laufe der Geschichte. Ich glaube fest daran, dass wissenschaftlicher Fortschritt darauf basiert, dass wir Forscher*innen „auf den Schultern von Riesen stehen“.

Wovor fürchten Sie sich?

Jetzt? Definitiv vor einem weiteren Lockdown. (Das Interview wurde vor dem Lockdown II geführt.)

Worauf freuen Sie sich?

Ich freue mich darauf, mit meiner Forschung voran zu kommen und mein Verständnis der Wirtschaft und des menschlichen Verhaltens zu verbessern. Dabei handelt es sich um einen Prozess, der Zeit braucht und wahrscheinlich nie endet, aber das macht die Arbeit sogar noch interessanter!