Herbertstöckl, Lithographie von Eduard von Moro (1790-1846). Original im Besitz von Götz Boyneburg | Foto: aau/Bem

„Meine praktische Philosophie.“ Der Klagenfurter Herbert-Kreis und Immanuel Kant

Der Klagenfurter Herbert-Kreis um den Industriellen und Mäzen Franz Paul von Herbert (1759 – 1811) war ein Zentrum der österreichischen Aufklärung und frühen Kant-Rezeption. Seine Schwester Maria von Herbert (1769 – 1803) korrespondierte als eine von wenigen Frauen mit dem Königsberger Philosophen. Die diesjährige Herbstausstellung in der Reihe „Kostbarkeiten aus der Bibliothek“ widmet sich Immanuel Kant, dessen Rezeption in Europa und speziell dem Klagenfurter Herbert-Kreis. (Eröffnung: 19. Oktober 2016, 11:30 Uhr)

Im Herbertstöckl am St. Veiter Ring des Industriellen und Mäzens Franz Paul Freiherr von Herbert und dessen Schwester Maria wurde am Ausgang des 18. Jahrhunderts Kants Schriften von aufgeklärten Männern wie Frauen aus Klagenfurt intensiv gelesen. Die Klagenfurter Bürgerschaft sowie österreichische, deutsche und dänische Gäste führten im großzügigen Anwesen lebhafte Debatten. Die brieflichen Korrespondenzen gingen quer durch Europa und bis nach Königsberg. Maria schrieb als eine von ganz wenigen Frauen an Kant und erhielt von ihm auch Antwort.

Auf seinen Studienreisen von Jena bis Neapel lernte Herbert zahlreiche Aufklärer und Kantianer persönlich kennen. Friedrich Schiller und Kant-Interpret Karl Leonhard Reinhold gehörten ebenso dazu wie der Revolutionstheoretiker Johann Benjamin Erhard und der dänische Schriftsteller Jens Baggesen. Diese wurden dem Bleiweißfabrikanten und Freimaurer Herbert zu engen Freunden.

Diese Kontakte und eine vermutete Nähe zu den Jakobinern riefen die Zensur auf den Plan. Jahrelang stand Herbert unter polizeilicher Beobachtung mit gelegentlichen Hausdurchsuchungen. 1795 wurde nebst anderen Dokumenten auch ein Schiller-Brief beschlagnahmt. Damit war die „selbstdenkerische“ Freiheit im Salon massiv eingeschränkt. Die politischen Umwälzungen in der Franzosenzeit brachten den revolutionären Traum endgültig zum Platzen und das Aus für den Herbert-Kreis. Depression und Krankheiten in der Familie folgten. Maria von Herbert schied 1803 freiwillig aus dem Leben, Franz Paul folgte ihr 1811. Er begründete diesen Schritt ausführlich und in Abwendung vom Kant‘schen kategorischen Imperativ als „meine praktische Philosophie“.

Die an der Universität Wien entstandene Ausstellung  „Umwege. Annäherungen an Immanuel Kant in Wien, in Österreich und in Osteuropa“ wird vom 20. Oktober bis zum 2. Dezember 2016 im Zeitschriftensaal der Universitätsbibliothek der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt gezeigt und ist zu den Bibliotheksöffnungszeiten frei zugänglich. Für Klagenfurt wurde die Ausstellung von Bernhard Ritter, Christa Herzog und Barbara Maier um den Herbert-Kreis ergänzt. Die Eröffnung findet am 19. Oktober um 11.30 Uhr mit einem Vortrag von Werner Sauer (Graz) über die frühe Kant-Rezeption in Österreich mit besonderer Berücksichtigung des Herbert-Kreises statt.

Weiters wird am 21. und 22. Oktober eine internationale Konferenz mit dem Titel „Kant, Maria von Herbert, and Early Modern Women Philosophers“, organisiert vom Institut für Philosophie, abgehalten. Hauptrednerinnen sind Rae Langton (University of Cambridge) und Martha Bolton (Rutgers University). Rae Langton wird über Maria von Herbert sprechen.

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