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Klimawandel in Filmen: Was müssen wir fühlen, um zu handeln

Wenn man Gletscher schwinden, Meerespegel steigen und fruchtbares Land vertrocknen sieht, wird so manchem angst und bange. Doch können Filme tatsächlich Auslöser für Umdenken, und – viel wichtiger – ein verändertes Handeln sein? Brigitte Hipfl und Alexa Weik von Mossner zu den Ergebnissen einer Studie, die sie dazu durchgeführt haben.

Können Filme zum Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit bewegen?

Weik von Mossner: Das kommt stark auf den Film an. Wir haben in unserer Studie die Wirkung zweier Filme analysiert: „Chasing Ice“ aus den USA thematisiert den dramatischen Eisverlust in der Arktis, „PEAK“ aus Deutschland/ Italien setzt sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf alpine Schigebiete in Österreich und Südtirol sowie mit dem Abschmelzen der Gletscher im Alpenraum auseinander. Beides sind Dokumentarfilme, sie erzählen ihre Geschichten aber völlig anders und unterscheiden sich auch in den Reaktionen.

Inwiefern?

Hipfl: „Chasing Ice“ ist ein sehr direkter Film. Er spricht die Notwendigkeit eines Umdenkens in Sachen Klimawandel direkt an: Über das leidenschaftliche Engagement des Fotografen James Balog, über überwältigende ästhetisierte Bilder, die ein Gefühl des Erhabenen vermitteln, sowie über Zeitrafferaufnahmen, die den Rückgang der Gletscher dokumentieren.

Wie ist diese Form der Darstellung bei Ihrem Untersuchungspublikum angekommen?

Hipfl: Unsere Befragten waren von den Bildern – der Schönheit des Eises, der Größe des Gletschers und dessen Fragilität und Vergänglichkeit – beeindruckt. Die Hauptfigur des Films, der Fotograf, wird als Verkörperung von Engagement, Übernahme von Verantwortung und bis an körperliche Grenzen gehendem Einsatz wahrgenommen. Manche sahen das positiv, einige andere lehnten die Stilisierung als Held ab.

Inwiefern unterschied sich der andere Film?

Weik von Mossner: „Peak“ arbeitet im Verhältnis dazu viel subtiler, vermeidet jegliche Wertung oder eindeutige Botschaft und zwingt die ZuschauerInnen mit langen Einstellungen, auf Aspekte unseres Alltags zu schauen, die auf den ersten Blick nicht spektakulär, sondern geradezu langweilig erscheinen.

Welche Gefühle löste er aus?

Weik von Mossner: Wir haben in unserer Studie drei verschiedene Gruppen – darunter zwei Studierendengruppen – mit den Filmen konfrontiert und danach Fragebögen ausgeteilt bzw. Kleingruppendiskussionen aufgezeichnet. Insbesondere bei den Studierenden kam der Film nicht gut an. Er wurde als langweilig und langsam eingestuft; nur wenige sprachen davon, vom Film emotional berührt worden zu sein. Das hat wahrscheinlich mit den Filmerfahrungen dieser Gruppe zu tun.

Das direkte Bilderfeuerwerk mit Heldengeschichte oder die langsam erzählte Gedankenanregung – was führt dazu, dass Menschen umdenken?

Hipfl: Das kann man weder vom einen noch vom anderen so direkt sagen. Bei „Chasing Ice“ ist die Erfahrung des Erhabenen etwas, das so überwältigend sein kann, dass es keine Handlungsimpulse auslöst. Andererseits könnte das leidenschaftliche Engagement des Filmhelden auffordernden Charakter haben. Bei „Peak“ wissen viele nicht, was mit dem Film anzufangen ist. Andererseits zeigt sich das Gefühl von Fatalismus, das heißt, zwar zu wissen, dass die Industrialisierung die Bergwelt zerstört und ausbeutet, aber gleichzeitig auch die damit verknüpften Vorteile, wie beispielsweise den Gletscherschilauf, in Anspruch zu nehmen. Diese Gefühlsstruktur entspricht in vielem der Gefühlsstruktur, die gegenwärtig im Hinblick auf Klimawandel existiert, und trägt nicht dazu bei, selbst aktiv zu werden.

Titel der Studie: Zur „affektiven Arbeit“ von Klimawandel-Filmen. Eine explorative Studie zur gesellschaftlichen Relevanz von Filmen zum Thema Nachhaltigkeit
Team: Brigitte Hipfl, Alexa Weik von Mossner, Tonia Walder
Förderung: Forschungsrat der AAU

Alexa Weik von Mossner ist Assistenzprofessorin am Institut für Anglistik. Derzeit ist sie mit einem Stipendium für fortgeschrittene Forschende des Schweizerischen Nationalfonds für ein Jahr an der University of California, Los Angeles (UCLA), um ihr Projekt „Troubling Futures: Emotion, Risk, and Ecology in American Popular Culture” abzuschließen.

Brigitte Hipfl ist außerordentliche Professorin am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft.