Joseph Buttinger und seine (= unsere) Bibliothek

1971 schenkte Joseph Buttinger seine große Bibliothek im Umfang von rund 50.000 Werken der gerade erst gegründeten Klagenfurter Hochschule. Die Reihe Kostbarkeiten aus der Bibliothek widmet dem in die USA ausgewanderten österreichischen Sozialdemokraten und Schriftsteller die 15. Ausstellung.

„Ich habe mich davon überzeugt, dass die von mir in 30 Jahren gesammelten Bücher nun in guten Händen sind und den Zwecken dienen werden, für die sie von Anfang an bestimmt waren“, so schreibt Buttinger am 1. November 1971 an den Direktor der Bundesstaatlichen Studienbibliothek in Klagenfurt und bedankt sich für „die großartige und in so kurzer Zeit vollbrachte Leistung“ der Aufstellung von rund 50.000 Bänden. Diese waren in zwei Containern über den Atlantik verschifft  und in sechs LKW-Fuhren am 25. Juni 1971 in die Kaufmanngasse, dem ersten Standort der Uni-Bibliothek, gebracht worden.

Buttinger schrieb den Brief schon von Pennington in New Jersey aus. In das dortige Landhaus war er eben mit seiner Frau Muriel Gardiner gezogen. Ihr eigens für die Büchersammlung errichtetes Stadthaus in New York mit einer Wohnetage, drei Stockwerken für Bücher, einem Bibliothekar und täglich ein Dutzend LeserInnen hatten sie nun aufgegeben.

Schon in den 1920er-Jahren begann Joseph Buttinger Bücher zu sammeln. Sein Interesse galt dem Sozialismus und der Arbeiterbewegung, aber er sammelte auch deutsche Klassiker und Werke über Geschichte, Naturwissenschaft, Philosophie und Psychologie. Die erste Büchersammlung ging auf der Flucht verloren. In den USA baute er gemeinsam mit seiner Frau, die er im Widerstandskampf in Wien kennengelernt hatte, eine neue Bibliothek auf. Sein Ziel war es, den zumeist mittellosen österreichischen und deutschen Immigranten eine allgemeine deutsche Studienbibliothek zur Verfügung zu stellen, damit diese ihre Forschungen in den USA fortsetzen konnten. So entstanden neben einer außergewöhnlichen Socialistica-Sammlung auch Blöcke zu Goethe, Karl Kraus oder den frühen sozialistischen Kommunen in Amerika sowie eine Sammlung von exquisiten Kunstbänden und ab 1955 eine über Vietnam.

Buttingers Leben war vom Kampf für den Sozialismus und gegen den Faschismus bestimmt. Bruno Kreisky bezeichnete ihn als einen „Helden, der es, wenn er nach Österreich zurückgekehrt wäre, wahrscheinlich zum Bundeskanzler gebracht hätte“. 1906 in Bayern geboren und in ärmlichen Verhältnissen in Oberösterreich aufgewachsen, fand Buttinger Anschluss an die Sozialdemokratie und kam mit 20 Jahren als Mitarbeiter der Kinderfreunde nach St. Veit an der Glan. Bald Bezirkssekretär der Partei, begann er sich gegen die nationalsozialistische Bewegung zu engagieren. Nach dem Parteiverbot 1934 organisierte Buttinger die illegalisierte sozialistische Bewegung, wurde Landesleiter der Revolutionären Sozialisten, verbüßte eine Haftstrafe in Villach, ging nach Wien und wurde 1935 Obmann der Revolutionären Sozialisten Österreichs. Nach dem Anschluss 1938 flüchtete er nach Paris und wurde dort Vorsitzender der neu gegründeten „Auslandsvertretung der österreichischen Sozialisten“.

Ende 1939 emigrierte er mit seiner Frau in die USA, wo sich beide über viele Jahre im International Rescue Comittee engagierten. Im Jahre 1942 zog er sich aus der Politik zurück und widmete sich geschichtlichen Studien. Er veröffentlichte mehrere Bücher, darunter eines zum Scheitern der österreichischen Sozialdemokratie in der Zwischenkriegszeit. 1992 starb Buttinger 85-jährig in New York.

Im Jahr 1971 umfasste der Bestand der Klagenfurter Studienbibliothek 60.000 Werke. Mit dem Vermächtnis Buttingers wurde dieser mit einem Schlag fast verdoppelt. Mit seiner Literatur war der fachwissenschaftliche Grundstock für die Universitätsbibliothek gelegt und dient seitdem der Forschung und der Lehre. Der Staat Österreich dankte Joseph Buttinger mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik und die Universität Klagenfurt mit dem Ehrendoktorat.

Die Ausstellung zu Joseph Buttinger wird vom 3. Oktober bis 30. November 2018 im Zeitschriftenlesesesaal der Universitätsbibliothek gezeigt.

 

für ad astra: Barbara Maier