Martin Hitz | Foto: aau/tinefoto.com

Im Kosmos von Martin Hitz

Ein wichtiger Platz in meinem Kosmos ist ein kleines Seegrundstück am Brennsee
im Gegendtal, einem leider ohne Horizont ausgestatteten Längstal zwischen Villach und Radenthein.

Ein wichtiger Platz in meinem Kosmos ist ein kleines Seegrundstück am Brennsee im Gegendtal, einem leider ohne Horizont ausgestatteten Längstal zwischen Villach und Radenthein. Das Grundstück liegt auf der Schattseite – das hat den Vorteil, dass man den Blick auf die Sonnseite genießen kann. Meine Frau Katharina hat es in die Ehe eingebracht, ich musste es seitdem langsam erwerben. Nun bin ich in der Phase, wo ich es besitzen darf, nachdem wir gemeinsam viel Arbeit und Investitionen hineingesteckt haben. Die Verschönerungen gehen nur langsam Gevoran, auch weil wir es nicht sehr perfekt haben wollen. So sind wir gestrickt. Wir haben es gern funktional, aber eben nicht aus dem Schmuckkasterl, das liegt uns irgendwie nicht. So wie die Wiese hier, die im Frühjahr eineinhalb Meter hoch wird und in allen Farben blüht. Erst dann wird sie von mir gemäht.

Hannah und Konstantin, unsere erwachsenen Kinder, leben schon lange in Wien und kommen eher selten hierher. Unser Hund Sirius liebt den Ort von uns allen wohl am meisten, weil er stundenlang im Wasser stehen kann, um kleine Barsche zu fangen. Erwischt hat er noch keinen.

Abspannen passiert bei mir über die Gartenarbeit und bei den Versuchen, wieder etwas zu roden. Es wächst hier wie verrückt. Zuletzt haben wir vier Bäume gefällt, die den Ausblick zum See verstellt hatten. Hier bin ich in der Lage, mich vom elektronischen und virtuellen Leben, in dem ich mich beruflich aufhalte, zu entfernen. Im Garten und auf dem See bin ich offline. Ich rege mich zwar fürchterlich auf über die Gartenarbeit, aber ich weiß, dass sie mich auf andere Gedanken bringt. Es ist erstaunlich, wie viel man schafft im Gegensatz zu den oft kaum wahrnehmbaren Erfolgen in der beruflichen Arbeit. Wenn ich einen Tag allgemeine „Latifundienpflege“ betreibe, dann geht viel weiter und es macht mich froh.

Die völlige Entspannung bringt mir aber das Segeln. Meine Bootgeschichte ist erstaunlich. Mir gehört nun ein Hobie-Cat für Jugendliche namens Teddy. Er ist Resultat eines Downsizings. In meinen Endvierzigern habe ich mir meinen Jugendtraum in Form eines Hobie-Cat Tiger, ein 18-Fuß großes Regattaboot, erfüllt. Das hat sich in der Praxis als ungeeignet erwiesen. Das Rennboot passte nicht auf den kleinen See, ich konnte nur am Faaker See und am Ossiacher See damit segeln. Ich habe vier Jahre gebraucht um zu erkennen, dass es unsinnig ist, das Boot nicht dort zu haben, wo man auch den Rasen mäht. Das war harte Arbeit an mir selbst. Das jetzige ist klein, langsam und man kann damit nicht angeben, dafür hat es geringe Rüstkosten, und ich habe es dort, wo ich es brauche. Letztlich hat sich bewiesen, dass ich Recht hatte, und mittlerweile glaube ich mir sogar. Dieses Zurücknehmen war schon ein erstes kleines Sterben. Ich habe es zuerst durchdacht, auf der emotionalen Ebene habe ich ein Jahr gebraucht, um mich nicht mehr zu kränken. Jetzt weiß ich, dass das wichtig war.

Nun umrunde ich eben mit dem Teddy eineinhalb Stunden lang immer wieder den kleinen See und werde immer entspannter, besonders seitdem ich eine neue Segelform gefunden habe: Die Pinne habe ich abmontiert und steuere das Boot nun am Bauch liegend mit den Zehen.

für ad astra: Barbara Maier

 

Zur Person

Geboren: 4. Oktober 1959 in Klagenfurt
Beruf: Universitätsprofessor für Informatik seit 2000
Funktion: Vizerektor für Personal seit 2012
Ausbildung: Studium der Informatik an der Technischen Universität Wien
Kosmos: Feld am See, 14. Juli 2015