Handyfilm | Foto: cristovao31/Fotolia.com

Handyfilme & Co: Amateurfilme in Alltagskultur(en)

Seit 1999 gibt es Mobiltelefone mit integrierter Kamera am Markt. In den letzten 16 Jahren prägen die neuen technischen Möglichkeiten unseren Alltag zunehmend. Eine internationale Konferenz von 29. bis 31. Oktober 2015 beleuchtet nun die von AmateurInnen produzierten Filme und ihre Bedeutung für unsere Alltagskultur(en).

Welche Ereignisse filmen (vorwiegend) junge Menschen und mit welchem ästhetischen Anspruch tun sie das? Wer ist das Publikum dieser Filme, und wie werden die Zuseherinnen und Zuseher darauf aufmerksam (gemacht)? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein Schweizer Forschungsprojekt, das unter anderem von Klaus Schönberger geleitet wurde. Das Team rund um Schönberger und Thomas Hengartner kam dabei unter anderem zum Ergebnis, dass die medial viel zitierten Gewalt- und Pornographie-Videos von nur einem sehr kleinen Teil von HandynutzerInnen produziert und konsumiert wird. Vielmehr erfüllt das Handy eine Art „visuelle Tagebuchfunktion“. Ereignisse aus dem Alltag werden so festgehalten, um sie im persönlichen Umfeld zu zeigen. Während man früher zu ritualisierten Anlässen wie Weihnachten und Geburtstagen Filme produzierte, ist das Handy nun immer dabei. Ein Großteil der Videos verbleibt im privaten Rahmen und wird nicht auf öffentliche Plattformen gestellt.

Klaus Schönberger (Institut für Kultur-, Literatur- und Musikwissenschaft) ist seit Jänner 2015 Professor an der Alpen-Adria-Universität und richtet von 29. bis 31. Oktober 2015 gemeinsam mit Ute Holfelder (Institut für Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaft der Universität  Zürich) eine Konferenz in Klagenfurt zum Thema aus. Unter dem Titel “Bewegtbilder und Alltagskultur(en) – von Super 8 über Video zum Handyfilm. Praktiken von Amateuren im Prozess der gesellschaftlichen Ästhetisierung” werden internationale Forscherinnen und Forscher ihre Ergebnisse präsentieren.

Darunter ist auch Thomas Hengartner (Universität Zürich), der zum Handy als „Ich-Konsole“ referieren wird, das „eine Kulturtechnik der Selbstspeicherung etablieren ließ, die unter anderem davon profitiert, dass Technisches im wörtlichen wie im übertragenen Sinn zur Erweiterung des Körperschemas geworden ist.“ Begleitet wird die Tagung von einem umfangreichen Rahmenprogramm: So wird am 29. Oktober die Ausstellung #crescendo im Museum Moderner Kunst Kärnten eröffnet. Das Künstlerinnenduo Eva Paulitsch und Uta Weyrich sammelt seit 2006 im öffentlichen Raum selbstgedrehte Handyvideos von Jugendlichen und jungen Erwachsenen und baut damit ein weltweit einzigartiges Videoarchiv auf. In der aktuellen Arbeit beschäftigen sie sich zum ersten Mal mit der Audiospur der Handyvideos. Darüber hinaus wird am 30. Oktober der frühere Aktivist Thomas Grund selbstgedrehte Super 8-Filme im Klagenfurter Kinomuseum zeigen und über ihre Herstellung und Bedeutung für die oppositionelle Jugendarbeit in der DDR sprechen.

Die Teilnahme an der Konferenz ist kostenlos; eine Anmeldung bei Christina [dot] Vanek [at] aau [dot] at ist erforderlich. Weitere Informationen zum Programm unter https://bewegtbilder.wordpress.com/.

Die Veranstaltung wird durch den Forschungsrat mit Mitteln der Privatstiftung Kärntner Sparkasse unterstützt.