Nicole Duller | Foto: Roland Banko – www.rolandbanko.com

Eine Frau im (digitalen) Tun

„Schaut her! Ich zeig’s euch digital!“ So heißt ein Projekt, das am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft unter der Leitung von Caroline Roth-Ebner und beauftragt vom Land Kärnten durchgeführt wird. Wissenschaftliche Projektmitarbeiterin ist Nicole Duller, die für dieses Porträt über das digitale Selbst der teilnehmenden SchülerInnen und über ihren Umgang mit den digitalen Medien gesprochen hat.  

Nicole Dullers Blick auf die Welt ist positiv. Am Ende des Gesprächs sagt sie uns, sie sei „gerade ganz im Tun“. Stringent den Jargon jener nutzend, die sich bewusst mit sich und der Welt um sich herum beschäftigen, berichtet Duller über die Gesprächs- und Workshoprunden mit Schülerinnen und Schülern, mit denen sie bis Mitte Juli an Medienprodukten arbeitet, die den Umgang der jungen Menschen mit den digitalen Medien reflektieren. Sechs Schulen nehmen daran teil. Ziel ist es, die Medienspuren, die die Jungen in ihrem Alltag kreieren, auszuleuchten, zu dokumentieren und handlungs- sowie lebensweltorientiert zu fragen: Was machen wir digital? Was kann man machen? Welche Kompetenzen haben wir? Was können wir uns gemeinschaftlich noch erarbeiten? Die Workshops mit den Schülerinnen und Schülern thematisieren auch Fragen wie Datenschutz, Copyrights und Safer Surfing. Das Projekt, das seit April läuft, wird mit einer Abschlusspräsentation am 20. Juni finalisiert, die vor allem den Dialog mit Eltern, Lehrkräften und MitschülerInnen (auch anderer Schulen) fördern soll.

Nicole Duller ist derzeit in den Schulen unterwegs und im intensiven Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern, die zwischen 10 und 16 Jahre alt sind. Was sie von diesen jungen Menschen hört, scheint so mancher kritischer Berichterstattung über Cybermobbing, Online-Stress und Like-Sucht diametral entgegen zu stehen. Duller erzählt über Jugendliche, die sich außerhalb der „Erwachsenenwelt“ des Facebook aufhalten (Facebook wurde, so Duller, gar nicht erwähnt) und Medienproduktion vor allem auf den bilddominierten Plattformen Instagram, Snapchat oder musical.ly betreiben. Dullers Eindruck ist davon geprägt, dass die SchülerInnen relativ kritisch mit Selbstdarstellung und Inszenierung in diesen Apps umgehen, trotzdem aber als Produzentinnen und Produzenten tätig werden. „Die Inhalte kommen aber vorwiegend aus der realen Lebenswelt. Viele präsentieren Strategien, wie sie reale und digitale Lebenswelten miteinander ausgleichen.“ Die Natur, das Draußensein, die Gemeinschaft mit anderen sei für viele immens wichtig, werde aber auch in den sozialen Medien dargestellt. „Wir schaffen uns gemeinsam eine schöne Welt und gehen gemeinsam gut damit um“, fasst Nicole Duller das Bestreben der jungen MedienproduzentInnen zusammen, die sich mitunter selbst als inspirierend für andere begreifen. „Viele posten mit dem Gedanken: Das, was mir gut tut, kann auch anderen gut tun. Wenn ich ein Foto von mir mit Freunden in der Natur poste, fühlt sich jemand vielleicht auch dazu inspiriert, den Laptop zuzuklappen und hinaus zu gehen.“ Diese Befunde erstaunten auch Nicole Duller: „Wir haben ganz viele schöne Lösungsansätze gesehen.“

Gefragt danach, welches Image von sich Nicole Duller selbst in den sozialen Medien zeichnet, ergibt sich ein stimmiges Bild: „Wenn man nachsieht, wird man den Eindruck gewinnen, dass ich als Privatperson auf Instagram bin. Und man wird einen Bezug zu meinen Interessen herstellen können, also Medien, Musik, Kultur, Kunst, Technik, Natur und Bewegung, Yoga vor allem.“ Sie sieht sich als hands-on-learning-by-doing-erkundendes digitales Selbst, das sich – nicht zuletzt aufgrund ihrer professionellen Beschäftigung mit dem Thema – gerne auch selbst auf Entdeckungsreise im digitalen Raum aufmacht. „Ich sehe dann auch selbst: Wie geht es mir? Was machen die Reaktionen auf Fotos mit mir?“ Diese selbstreflexive Haltung hat Duller unter anderem während ihrem Diplomstudium Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der AAU verfeinert. Nach dem Abschluss war sie unter anderem bei Puls4 in Wien tätig und kam dann von 2009 bis 2016 als Projektmitarbeiterin und Universitätsassistentin zu Christina Schachtner an das Institut zurück. In diesen Jahren hat sie sich umfassend und eingebettet in internationale Forschungsprojekte mit Identität(en) im digitalen Raum beschäftigt. Mittlerweile lebt Duller in Graz, pendelt nach Kärnten und erledigt viel über Mobile Office, „auch mal an der Bushaltestelle, wenn ich meine Mails bearbeite oder Notizen zu Schülergesprächen mache.“ Ihr Verhältnis zum Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft beschreibt sie so: „Ich forsche, lehre, wachse, gemeinsam mit den Projekten, die geschehen, und natürlich auch im Austausch mit den Studierenden in den Lehrveranstaltungen, die ich anbieten darf.“ Dullers Laufbahn ist von Projektstellen und den damit einhergehenden Unsicherheiten geprägt, etwas, das viele, Mitte Dreißig geworden, beunruhigen würde. Wir fragen also: „Halten Sie das gut aus?“ und ernten den Hinweis darauf, dass sie diese Wortwahl gar nicht treffen wollen würde. „Ich finde es schön, dass es heute so viele Möglichkeiten gibt, sein berufliches Leben offen und flexibel zu gestalten. Die Übergänge bieten Chancen auf Weiterentwicklung. Life-Work-Balance ist für mich auch ein wichtiges Stichwort, wobei ich dazu sagen muss: Leben und Arbeiten sind für mich, und das ist ein großes Glück meines Berufsfeldes, zusammengehörende Leidenschaften. Das ist mein Zugang.“ Nicole Duller fühlt sich für alles, was beruflich kommt, gut gewappnet, denn: „Je älter man wird, desto mehr weiß man zu schätzen und desto mehr sieht man, was da alles war und ist im Studium, und was man alles an Möglichkeiten hat.“

Auf ein paar Worte mit … Nicole Duller

Was machen Sie im Büro morgens als erstes? – Oder: Wo schlagen Sie morgens als erstes Ihr Büro auf?

Dort wo Davíd, mein Laptop, und ich gerade sind, dort ist auch mein Büro. Egal ob zu Hause am Küchentisch, unterwegs im Bus oder zwischendurch auch mal am Wasser, mit ein paar tiefen Atemzügen und einem Lächeln im Gesicht komme ich erst einmal an, am Arbeitsplatz, im Arbeitsmodus. Hoffentlich mit einem Kaffee neben mir, verschaffe ich mir sodann einen Überblick, gestalte meine To-do-Listen für den Tag und lege los. Beginnt mein Tag an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, so beginnt er meist mit herzlichen Umarmungen.

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?

Meine Arbeit ist meine Leidenschaft. Meine Leidenschaft ist meine Arbeit. Eine der Identitäten, die ich im Laufe eines jeden Tages einfach auch bin, ist die der Medien- und Kommunikationswissenschaftlerin. Wir leben in einer Zeit, in der wir gemeinsam mit Medien und Technik beinahe alle unsere Lebensbereiche gestalten. Aufmerksam, achtsam, kommunikativ, kreativ und kritisch, so versuche ich, in all meinen Rollen zu agieren – und davon möchte ich eigentlich keinen Urlaub machen.

Und was beruhigt Sie?

Bewegung, Musik und Natur – am liebsten in Kombination.
Nette Menschen, tolle Gespräche und gutes Essen – auch am besten im Paket.

Worauf freuen Sie sich?

Auf spannende Begegnungen, im Beruf, auf Konzerten, beim Yoga, auf Reisen etc.
Auf neue Gedanken und Erkenntnisse, angeregt durch Neue Medien und Technologien, Literatur, Kunst etc.
Auf viele schöne Momente!