Einblick in die Lehre… 3 Fragen an Wolfgang Hoi

Das Masterstudium Game Studies and Engineering (GSE) ist ein interdisziplinäres Studium, das sich mit den technischen sowie den analytischen und ethischen Aspekten von Video- und anderen Spielen beschäftigt.  Das Masterstudium bietet Studierenden ein geeignetes Umfeld zum Studieren und Entwickeln von Spielen und Multimediaanwendungen. Um einen genaueren Einblick in die Inhalte des Studiums zu bekommen, haben wir mit Wolfgang Hoi gesprochen. Wie Computerspiele sich im Laufe der Jahre verändert haben und was er Studierenden mitgeben möchte, verrät er uns im Interview. 

Können Sie uns etwas Näheres zu Ihrer LV „Issues in Game Studies: Humans on Videogames: Links, Potentials and Controversies. A Psychological Point of View“ erzählen? Worum geht es dabei genau?

Kennen Sie das Gefühl, wenn eine Aufgabe begonnen wurde, aber noch nicht beendet ist? Wie sich unsere Gedanken scheinbar pausenlos damit beschäftigen? Das ist eine psychologische Wirkungsweise, die Entwickler unter anderem geschickt nutzen, um die Spielerinnen und Spieler unbewusst abzuholen. Gemeinsam mit den Studierenden werden in dem Kurs derartige Mechanismen mitsamt Auswirkungen diskutiert. So können beispielsweise Messlatten dazu verwendet werden, um das Interesse mehr in Richtung Zusammenarbeit oder Wettbewerb zu lenken. Videospiele berühren den menschlichen Verstand auf eine vielfältige Weise. Facetten des menschlichen Verhaltens werden gleichfalls unter die Lupe genommen. In Reflexionen berichten Studierende auch über sehr persönliche Erlebnisse, die sie mit Videospielen verbinden. Diese können schmerzvoll, entspannend, aber auch aufregend sein. Freude bereiten, zum nachdenken anregen oder für tief greifende Erinnerungen sorgen. Manche Spiele rütteln an der Gesellschaft, nehmen sich Kontroversen an, bieten mit ihren Protagonisten Stoff für Analysen der menschlichen Persönlichkeit. Theoretische Grundlagen werden hier mit Videospielen verknüpft. Ausprägungen der mentalen Gesundheit sind ebenso wichtiges Thema. Wie sie in den Spielen verwendet und dargestellt werden.  Die Veranstaltung selbst ist Teil des Masterstudiengangs „Game Studies and Engineering“, kurz „GSE“.

Videospiele gibt es seit über 40 Jahren und weit darüber hinaus haben Menschen immer gerne Spiele gespielt. Inwieweit haben sich Computerspiele verändert? Und welche Rolle spielt die Spielerin oder der Spieler dabei?

In der kulturellen und psychologischen Entwicklung hat das Spiel einen essenziellen Stellenwert. Sowohl analog, als auch digital. Spielerisch Dinge zu lernen und zu verstehen, liegt auch den Videospielen zugrunde. Das Medium selbst hat sich in den letzten Dekaden natürlich technisch rasant weiterentwickelt. Mechanismen, Erzählstrukturen und Ästhetik sind greifbarer als noch vor Jahren. Es ist mobiler und durch den erneuten Aufschwung von Virtual Reality auch immersiver geworden. Von der Couch weg ist in eine Gemeinsamkeit entstanden, die ortsungebunden agiert. Einzeln vor dem Monitor und gleichzeitig in einer Gemeinschaft, der sich Spielende zugehörig fühlen. Spielerinnen und Spieler suchen heute mehr denn je nach individuellen Anknüpfungspunkten. Das kann ein Experimentieren mit Identitäten sein, das Ausloten von Grenzen aber auch Eskapismus, der durchaus nicht negativ besetzt sein muss. Der Landwirtschafts-Simulator verkauft sich etwa millionenfach. Spannend ist, dass Videospiele an Emotionalität gewonnen haben. Dank der Indie Games werden auch Tabuthemen angesprochen, das Menschliche auf die Bildfläche geholt. Ich denke hier beispielsweise an Facetten der mentalen Gesundheit. So verarbeiten die Entwickler ihre eigenen Erlebnisse in die Spiele und lassen Gamer daran teilhaben. Welche Wahlmöglichkeiten lassen soziale Ängste zu? Wie fühlt sich eine Depression an? Spielerinnen und Spieler finden auch Videospiele vor, die zeigen, dass sie mit etwaigen Problemen nicht alleine sind. „Kind Words“ von Popcannibal macht hier vieles richtig. Die Spiele-App „Flowy“ kann ihrerseits dabei helfen, Panikattacken in den Griff zu bekommen.

Haben Sie einen persönlichen Bezug zu dieser Thematik?

Mein erster Kontakt mit Videospielen ist schon mehr als 35 Jahre her. Eine Faszination, die mir bis heute geblieben ist. Schon früh begeisterten mich dabei motivationale Aspekte, die auch einen maßgeblichen Anteil in meiner späteren Diplomarbeit einnahmen. Im Rahmen meiner Ausbildung nutzte ich Videospiele auch in der Arbeit mit Jugendlichen in Krisensituationen. Sorgsam eingesetzt, kann das Medium Brücken bauen und Vertrauen schaffen. Die psychische Widerstandsfähigkeit stärken. Zudem habe ich die Gewaltdebatten beobachtet, die geführt werden dürfen und auch kritisch geführt werden sollen. Jedoch dürfen die Spiele nicht auf diesen Bereich reduziert werden. Die Gewalt ist als eine Dimension von vielen zu verstehen, die nicht automatisch bei jedem Spiel mit an Bord ist. Videospiele sind auch immer wieder Thema in Workshops. Eine berührende Episode ist mir dabei in besonderer Erinnerung. Rennspiele haben oftmals die Funktion, die gefahrene Runde aufzuzeichnen. Gegen einen solchen „Ghost“ kann in einem weiteren Rennen angetreten werden. Um zu sehen, ob man sich verbessert hat. In diesem Fall hatte ein junger Bursche noch den Ghost von seinem verstorbenen Freund auf der Konsole, gegen den er fahren konnte. Wenn er vor ihm war, bremste er kurz vor dem Ziel. Nur schnellere Zeiten löschen den vorhandenen „Geisterfahrer“. So blieb ihm sein Freund erhalten. Eine Form, die Trauer zu verarbeiten. Ein schöner Gedanke.

Zur Person

Wolfgang Hoi hat an der Universität Klagenfurt das Diplomstudium Publizistik und Kommunikationswissenschaft sowie das Diplomstudium Psychologie abgeschlossen. Am Institut für Anglistik und Amerikanistik hält der Psychologe Lehrveranstaltungen, die Einblicke in menschliche Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Computerspielen geben. Er beschäftigt sich mit dem Zugang von Spieler*innen und untersucht Fragen wie: „Wie nähern sich die Computerspiele dem menschlichen Geist?“.