Einblick in die Lehre… 3 Fragen an Tina Bahovec

Jede*r kennt sie: Könige, Ritter, Poeten – doch wo sind eigentlich die Frauen der Geschichte? „HIStory – Herstory“ lädt Studierende dazu ein, sich mit den vergessenen Frauen der Geschichte auseinanderzusetzen und zu verstehen, was Geschlechtergeschichte bedeutet. 

Können Sie uns etwas Näheres zu Ihrer LV „HIStory – Herstory? Einführung in die Geschlechtergeschichte“ erzählen? Worum geht es dabei genau?

Das Wortspiel im Titel „HIStory“ – also Geschichte als „seine Geschichte“, gegenüber „HERstory“ – also „ihre Geschichte“, verweist auf die Anfänge der Frauengeschichte. Dort wurden den Geschichten „großer Männer“ Geschichten „großer Frauen“ zur Seite gestellt und allgemein sollte der Beitrag von Frauen in der Geschichte sichtbar gemacht werden. In Verbindung damit wurde nach neuen Quellen und nach neuen Zugängen zu Quellen gesucht – Stichwort Zeitzeug*inneninterviews. Es wurden Periodisierungen und Chronologien hinterfragt – Stichwort „weibliche Zeitfolge“. Also der ungleiche Zugang zu etwas wie dem Wahlrecht etc. Solche Einblicke in Fragestellungen, Theorien und Methoden stehen am Beginn der LV.  Anschließend werden Entwicklungen in unterschiedlichen Bereichen präsentiert und anhand von textlichen und bildlichen Quellenmaterialien diskutiert: Geschlechterrollen und -normen, die sich zum Beispiel in Gesetzen oder Benimmregeln abbilden, der Zugang zu Bildung, Agenden und Aktivitäten von Frauenbewegungen, Gedenkkulturen am Beispiel des internationalen Frauentags und des Muttertags usw. In mehreren, zum Teil selbst gewählten Aufgabenstellungen, setzen sich die Studierenden mit einzelnen Aspekten auch vertieft auseinander.

Was wollen Sie Ihren Studierenden mitgeben?

Vor allem die Einsicht, dass Geschlechterverhältnisse historisch bedingt und somit auch veränderbar sind!

Warum ist die Lehrveranstaltung gerade heute relevant?

In der jetzigen Pandemiesituation beobachten und diskutieren wir, wie Frauen und Männer in Bezug auf Kinderbetreuungspflichten während der Lockdowns, die Arbeits- und Gehaltssituation in frauendominierten Berufen wie Pflege und Verkauf etc unterschiedlich betroffen sind. Auch ein Blick in die Geschichte kann zeigen, dass gesellschaftliche Krisen- und Umbruchsituationen – ich forsche und lehre hier vor allem zu Kriegs- und Nachkriegszeiten – die Geschlechter unterschiedlich betreffen. Geschlechtergeschichte nimmt genau solche Entwicklungen mit in den Blick und fragt dabei auch, inwiefern krisenbedingte, als positive oder negative angesehene, Veränderungen solche Krisen überdauern.

Zur Person

Tina Bahovec studierte Russisch und Geschichte an der Universität Wien. Die gebürtige Slowenin promovierte 2000 und lehrt an der Universität Klagenfurt am Institut für Geschichte. In Forschung und Lehre konzentriert sie sich unter anderem auf Nationalitäten- und Geschlechterforschung und auf die neuere Geschichte Südosteuropas und des Alpen-Adria-Raums.

Tina Bahovec