Die Zukunft des Einkaufens

Es ist gewiss: Supermärkte wird es auch in Zukunft geben und Shopping bleibt ein soziales Erlebnis. Nach Marketingexperte Ralf Terlutter werden in Zukunft Produkte und Marken mehr nach ihren ethischen Gesichtspunkten beurteilt und gekauft.

„Künstliche Intelligenz und die Datensammlung über jeden Einzelnen ermöglichen es, das Konsumverhalten so gut wie nie zuvor zu prognostizieren und den Endkunden viel stärker als zuvor mit Oneto- One-Marketing anzusprechen“, sagt Ralf Terlutter, Professor an der Abteilung für Marketing und Internationales Management.

Mehr denn je wird es in Zukunft darauf ankommen, den Menschen Einkaufserlebnisse zu vermitteln, die weit über den funktionalen Produktnutzen hinausgehen. Der stationäre Handel übernimmt dabei auch eine soziale Funktion und wird bestehen bleiben, aber nicht mehr in der Form, wie wir es gewohnt sind. „Die Anzahl der stationären Läden wird sich reduzieren und große Brand und Flagship Stores werden aufgebaut, um Marken noch viel stärker erlebbar zu machen. Visuell sind sie oft eine Mischung aus virtuellen und realen Shops“, sagt Terlutter. Diese Läden sind in erster Linie ein sozialer Treffpunkt, wo man Gleichgesinnte trifft.

Es werde, so Terlutter, zu einer noch viel stärkeren Verschmelzung von realer und medialer Welt kommen. „Technologien wie Augmented Reality oder Virtual Reality ermöglichen ein Hineinprojizieren von virtuellen Elementen in die reale Welt, zum Beispiel Möbel aus einem Möbelhaus in die eigenen vier Wände. Dies schafft neue virtuelle Räume für Interaktionen.“ Noch sind die Technologien bei den KonsumentInnen nicht allzu sehr verbreitet, aber das wird sich mit der Verbesserung der Technologien schnell verändern.

Viele Produkte des täglichen Bedarfs werden zunehmend online bestellt, da KonsumentInnen froh sind, wenn Versorgungseinkäufe schnell und einfach erledigt werden können. „Eine automatisierte, bedarfsgerechte Wiederbestellung von Waren, beispielsweise über smarte Kühlschranke, und ihre Lieferung nach Hause, sind sicherlich ein erfolgversprechendes Zukunftsszenario für den Handel. Allerdings hat es der Handel bei den Gütern des täglichen Bedarfs bislang noch nicht geschafft, attraktive Zustelloptionen zu schaffen“, sagt Terlutter. Eine zentrale Rolle bei vielen Anwendungen des Smart Homes und im Internet of Things wird das Smartphone als Steuerungs- und Kontrollinstrument einnehmen.

Ein weiterer Trend ist, soziale Verantwortung zu übernehmen und auch zu kommunizieren. Corporate Social Responsibility (CSR)-Themen werden verstärkt in die Kaufentscheidung miteinfließen. Bei CSR geht es darum, den Kunden und Kundinnen glaubwürdig darzustellen, welchen Beitrag das Unternehmen zur Verbesserung der Welt leistet.

Terlutter ist davon überzeugt, dass ethische Maßstäbe in unserer Gesellschaft und beim Konsum immer wichtiger werden, und dass Nachhaltigkeit, faire Produktion, Transparenz und Authentizität in Zukunft das Shopping stärker prägen werden. Aber wie kann man das den KundInnen vermitteln? „Die Kommunikation für Unternehmen über das, was man Gutes tut, gestaltet sich schwierig. Window dressing, d. h. CSR nur als Lippenbekenntnis und als Verkaufsargument, muss verhindert werden. Einerseits will der Kunde, dass das Unternehmen etwas Gutes tut, und andererseits ist der Kunde skeptisch, wenn zu viel darüber kommuniziert wird“, erklärt Terlutter, der im Bereich von Kaufverhalten in Verbindung mit CSR noch viele offene Forschungsfelder ortet. In den Forschungen beschäftigt sich das Team rund um Terlutter damit, welche Maßnahmen besonders geeignet sind, in einer authentischen Art mit den EndkundInnen zu kommunizieren, eben ohne Window dressing zu praktizieren.

Mit dem Blick in die Zukunft gerichtet, fragen wir nach, ob sich Verkäufer und Verkäuferinnen von Robotern ersetzen lassen? Terlutter glaubt, dass Roboter und Computerterminals in der Tat in vielen Branchen (z. B. in Hotels, in der Baumarktbranche) Verkaufspersonal unterstützen, aber natürlich nicht in allen Bereichen ersetzen können. Eine wichtige Frage, die es zu klären gilt, ist, inwieweit Roboter human like sein sollen und wie der Konsument darauf reagiert, von menschenähnlichen Maschinen bedient zu werden. „Roboter dringen in unser individuelles Leben ein, und man begegnet ihnen häufig mit Faszination und Skepsis, eben mit gemischten Gefühlen. Wenn Roboter uns Menschen immer ähnlicher werden, so wird man sich auch noch viel stärker mit Maschinenethik auseinandersetzen müssen.“

für ad astra: Lydia Krömer