Kind kauft ein | Foto: Aleksandr/AdobeStock

Der Zauber der (verkaufenden) Geschichten: Wie Kinder in mediale Konsumerlebniswelten eintauchen

Auch heuer werden die Geschenke unterm Weihnachtsbaum wieder Kinderaugen zum Strahlen bringen. Deren Eltern tauchen dieser Tage wieder in eine Konsumwelt ab, in der sie allgegenwärtigen Figuren wie der Eiskönigin Elsa oder dem Zauberlehrling Harry Potter begegnen. Caroline Roth-Ebner hat untersucht, wie Kinder und Eltern diese medialen Konsumerlebniswelten wahrnehmen und ihre Erkenntnisse nun in einer Publikation vorgestellt.

„Der Medienkonsum beginnt bei Kindern heute sehr früh. Sie stoßen in ihren ersten Lebensjahren auf Figuren, die medial vermittelt werden – und ihnen darüber hinaus in anderen Lebensbereichen begegnen: Bibi & Tina läuft nicht nur im Fernsehen, sondern finden sich auch auf der Jausenbox, am Regenschirm und als Spielfiguren wieder“, erläutert Caroline Roth-Ebner (Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft). Caroline Roth-Ebner hat untersucht, wie Volksschulkinder und deren Eltern mit diesen so genannten medialen Konsumerlebniswelten umgehen.

Für die nun vorgestellte Untersuchung wurden im Rahmen eines Lehrforschungsprojekts qualitative Interviews zur Mediennutzung und zum medienbezogenen Spiel von Grundschulkindern durchgeführt. Die Stichprobe umfasst 13 Grundschulkinder im Alter von fünf bis elf Jahren und elf Eltern in Österreich und Deutschland. Zusätzlich nahmen 327 Eltern an einer quantitativen Fragebogenerhebung teil.

Die Studie zeigt, dass Kinder in der Regel nicht nur Fans eines Medienprodukts sind, sondern sich mehrmals pro Monat mit durchschnittlich sechs Produktionen beschäftigen. Die Zugänge sind vielfältig und reichen von Büchern, Fernsehserien, Malvorlagen bis hin zu Smartphone-Apps. „Was bei den Kindern aktuell stark angesagt ist, hängt von der Peer Group ab und ist auch sehr wandelbar“, erklärt Caroline Roth-Ebner. Die meisten Kinder geben an, dass die Inspirationen, in neue Produktionen einzutauchen, von anderen Kindern oder Geschwistern (47%) bzw. SchulkameradInnen (45%) kommen. Caroline Roth-Ebner erklärt dazu: „Diese Peer-Group-Effekte verstärken den Druck auf Eltern, ihre Kinder an diesen kollektiven Erfahrungen teilhaben zu lassen und ihnen Zugang zu Medien und Konsumgütern zu gewähren, auch wenn dies mit gewissen Kosten verbunden ist.“

Mediale Konsumerlebniswelten erfüllen für die Kinder vielerlei Zwecke: So gab ein Großteil der Eltern (63%) an, dass sich die Kinder intensiv in die Geschichten vertiefen. Dies tun sie auch mit positiven Effekten: Viele Kinder entwickeln Geschichten oder Produkte selbst kreativ weiter und beschäftigen sich gemeinsam mit FreundInnen damit. Manche Kinder werden auch zum Lesen angeregt oder konsumieren Medieninhalte in Fremdsprachen. Gleichzeitig äußerten sich viele Eltern auch besorgt: Kinder würden zu sehr zu Bildschirmzeit, Internetnutzung und Konsum verführt werden. Die Produkte seien oft von schlechter Qualität oder nicht nachhaltig, die Botschaften über Männlichkeit und Weiblichkeit seien verzerrt und die Geschichten würden unerwünschte Werte vermitteln.

Wie sehr und über welche Zugänge Kinder in mediale Konsumerlebniswelten abtauchen, hängt auch vom Bildungsgrad der Eltern ab, wie Caroline Roth-Ebner zeigen konnte. „Eltern mit akademischem Abschluss sind signifikant kritischer gegenüber medialen Konsumerlebniswelten als andere Gruppen. Sie bevorzugen Produktionen, die einen stärkeren Fokus auf die Lesepraxis haben. Kinder von Akademikerhaushalten verbringen an einem Wochenendtag durchschnittlich 2,20 Stunden pro Tag vor dem Bildschirm, während andere VolksschülerInnen rund 3,25 Stunden vor Bildschirmen sitzen.“

„Wenn wir die jungen Menschen in ihrer Entwicklung unterstützen wollen, ist es wichtig, sie auf ihrem Weg zu begleiten, ihnen ein tiefes und ernsthaftes Interesse zu zeigen und ihnen einen Rahmen zu bieten, in dem sie ihre Gefühle, Ängste und Freuden ausdrücken können. Dennoch ist es wichtig, die Mediennutzung der Kinder vor dem Hintergrund technologischer und wirtschaftlicher Machtverhältnisse zu betrachten. Angesichts der unterschiedlichen Voraussetzungen in Bezug auf die elterliche Vermittlung ist Medien- und Konsumerziehung in Einrichtungen wie Kindergärten oder Schulen dringend erforderlich“, folgert Caroline Roth-Ebner aus ihren Untersuchungen.

Roth-Ebner, C. (in Vorbereitung). “You just have to join in” – A mixed-methods study on children’s media consumption worlds and parental mediation. Communications. The European Journal of Communication Research.