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Aufwachsen außerhalb der Familie: Soziale Unterstützung und emotionale Zugehörigkeit sind ausschlaggebend für Bildungsweg

„Care Leaver“ sind Personen, die zumindest zeitweilig außerhalb der Herkunftsfamilie in institutioneller Betreuung aufwachsen und von dort aus den Übergang ins Erwachsenenleben vollziehen. Ein Team rund um Stephan Sting (Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung) hat sich mit den Bildungschancen dieser jungen Menschen beschäftigt. Das Projekt wurde vom Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank gefördert. Die Ergebnisse werden nun am kommenden Freitag im Rahmen eines Fachtages präsentiert.

„Formale Bildung ist in der gegenwärtigen Gesellschaft ein zentraler Faktor für soziale Teilhabe“, beschreibt Studienleiter Stephan Sting die Basis für seine aktuelle Untersuchung. Die so genannten „Care Leaver“ finden sich hier vor einer herausfordernden Situation, stammen sie doch häufig aus bildungsarmen Milieus, in denen der Bildungsstand von Vater und Mutter häufig „sozial vererbt“ wird. Generell würden, so Sting, junge Menschen in stationären Erziehungshilfen als „‘vulnerable Gruppe‘ gelten, da sie bereits während ihres Aufwachsens durch Armut, Gewalt, psychisch und physisch belastete Bezugspersonen, Vernachlässigung der kindlichen Bedürfnisse, Todesfälle oder Krankheiten belastet waren.“

Das Forschungsteam führte eine Fragebogenerhebung mit 148 Personen durch und erfasste die (Bildungs-)Biographie von 23 Interviewteilnehmerinnen und –teilnehmern. Die Ergebnisse der Studie werden nun am 15. Juni 2018 (8:30-15:00 | Stiftungssaal der Kärntner Sparkasse | Alpen-Adria-Universität) im Rahmen des sozialpädagogischen Fachtags „Jugendhilfe [be]endet. Und wie geht’s weiter?“ vorgestellt. Die Veranstaltung richtet sich an WissenschaftlerInnen, Fachkräfte aus dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, PolitikerInnen und Studierende.

Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass sowohl Schule(n) als auch betreuende Institutionen viel zum Bildungserfolg der „Care Leaver“ beitragen können. Stephan Sting führt dazu aus: „Erfolgreiche Bildungsverläufe werden durch ein stabiles, Zugehörigkeit und Unterstützung gewährleistendes Umfeld begünstigt. Heranwachsende, die diese Erfahrung in der Herkunftsfamilie nicht machen können, erleben – das zeigen unsere Untersuchungen – auch im Rahmen der Jugendhilfeunterbringung Brüche und Diskontinuitäten. Die Ergebnisse der quantitativen Studie zeigen, dass vermehrte Einrichtungswechsel mit einem geringeren Bildungserfolg einhergehen. Eine längere Dauer der Fremdunterbringung bringt kaum positive Auswirkungen auf den Bildungserfolg hervor, da mit der Dauer auch die Anzahl der Einrichtungswechsel steigt. Verlässliche und kontinuierliche Beziehungen werden in diesem Umfeld zu einem knappen Gut, was das Streben nach sozio-emotionaler Zuwendung zu einer zentralen handlungsleitenden Orientierung macht.“

Aus den gewonnenen Erkenntnissen ergeben sich Konsequenzen für alle handelnden Player, die ebenfalls im Rahmen des Fachtags aufgezeigt und diskutiert werden.

Programm des Sozialpädagogischen Fachtags 2018