Assistenzsysteme, die die Menschen brauchen

Daniela Ströckl arbeitet an Assistenzsystemen, die vor allem Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen beim Alltag in den eigenen vier Wänden unterstützen sollen. Dabei stellt die Informatikerin vor allem die Frage: Wie muss die Technik gestaltet sein, dass sie von den Menschen auch angenommen wird? Daniela Ströckl hat ihre Dissertation kürzlich eingereicht und bereitet sich aktuell auf ihr Rigorosum vor.

„Nehmen wir das Beispiel von sturzgefährdeten Personen, bei denen bestimmte automatisierte Sensoren eine Notrufkette in Gang setzen, wenn sie davon ausgehen müssen, dass die Person gestürzt ist“, führt uns Daniela Ströckl in ihr Arbeitsgebiet ein. Bei der Entwicklung und Installation solcher Assistenzsysteme sei eines klar, so Ströckl: „Von der Technik her können wir sehr viel machen. Aber: Wollen das die Menschen auch?“

Informatiker*innen hätten oft den Wunsch, alles, was die Smart-Homes-Technologie ermöglicht, in Häuser einzubauen. „Ich erforsche aber mit den Benutzer*innen gemeinsam, wie Assistenzsysteme gestaltet sein müssen, damit sie gut angenommen werden“, erläutert Daniela Ströckl. Dabei sei sie bereits auf Missverständnisse und Irrtümer gestoßen, wie sie anhand eines weiteren Beispiels erklärt: „In der aufkommenden Corona-Krise im Frühjahr 2020 war die soziale Isolation von älteren Menschen ein drängendes Problem. Wir dachten in einem internationalen Projekt, dass es sinnvoll sein könnte, ein virtuelles Schwarzes Brett mit Kontaktmöglichkeiten anzubieten, damit ältere Menschen über Grenzen und Sprachbarrieren hinweg miteinander plaudern und chatten könnten. Anhand des Feedbacks haben wir dann rasch gelernt: Die meisten älteren Personen möchten das nicht. Ihnen reichen oft zwei bis drei Kontakte in der direkten Umgebung.“

Im Gegensatz dazu genießen Technologien große Akzeptanz, die ein Monitoring von Gesundheitswerten ermöglichen. Während die einen noch Blutdruck- und Blutzuckerwerte in Gesundheitspässe aus Papier eintragen, nutzen andere ein Telemonitoringsystem, das die Werte direkt vom Messgerät über Bluetooth in eine App überträgt. So behalten die Patient*innen eine gute Übersicht über ihre Werte und können diese auch der behandelnden Ärzt*in vorweisen.

Diese Technologie wurde in Kärnten mit über 200 Testpersonen im Rahmen des Projekts Smart VitAALity entwickelt und getestet. Mittlerweile sind die Smart-VitAALity-Komponenten als Produkt am Markt erhältlich, etwas, das Ströckl besonders wichtig ist: „Wir wollen, dass unsere Innovationen auch tatsächlich in der Praxis Anwendung finden und für Menschen nützlich sind.“ Auch in der Forschung zu benutzbaren Gesundheitsanwendungen geht es weiter. Unter der Leitung der AAU wurde gemeinsam das Projekt AYUDO entwickelt, dass die Bedienung einer Gesundheitsmonitoring-App mittels Sprache realisiert. Die Evaluierung mit Benutzer*innen ist für 2022 geplant.

Daniela Ströckl hat an der Fachhochschule Kärnten Medizininformatik studiert. Die Entscheidung für die Medizininformatik traf Ströckl aus dem Bauch heraus, wie sie uns erzählt: „Ich habe ursprünglich Waffengraveurin gelernt. Später habe ich die Berufsreifeprüfung nachgeholt und dann – recht spontan – das Studium aufgenommen, und bis heute nicht bereut.“ Nach ihrem Masterabschluss kam sie für das Doktoratsstudium an die Universität Klagenfurt. Daniela Ströckl arbeitet aktuell als Lehrende und Forschende an der FH Kärnten, genießt aber auch die Anbindung an die Universität: „Ich kann so das Beste aus zwei Welten nutzen, in der Praxis und in der Theorie.“

Auf ein paar Worte mit … Daniela Ströckl



Warum lohnt es sich, wissenschaftlich zu arbeiten?

Ich war von klein auf kreativ, neugierig und interessiert an unterschiedlichsten Themen. Wissenschaftliches Arbeiten ermöglicht es mir, genau diese Charakterzüge voll ausleben zu können; und was ist besser als ein Beruf, den man gerne macht? Zudem heißt Wissenschaft für mich Fortschritt – und ohne Fortschritt befänden wir uns im Stillstand. Das scheint mir kein erstrebenswerter Zustand zu sein. Daher bin ich gerne ein aktiver Teil des Fortschritts.

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?

Um ehrlich zu sein eher selten – die eine oder andere neue Idee, wie man digitale Systeme und Menschen zusammenbringen kann, kommt meistens auf. Es ist mir bewusst, dass das auf die Dauer wohl nicht gut ist, aber solange es Spaß macht und genug Zeit für anderes bleibt, ist es für mich so passend.

Was bringt Sie in Rage?

Pendlerverkehr, volle Einkaufsläden und Ignoranz. Nicht unbedingt Rage aber zumindest Unverständnis habe ich für die aufkeimende Wissenschaftsskepsis vor allem in Österreich.

Und was beruhigt Sie?

Laute Musik bringt mich immer schnell auf andere Gedanken sowie Online-Workouts oder eine gute Tasse Tee.

Wer ist für Sie der*die größte Wissenschaftler*in der Geschichte und warum?

Mein Respekt geht an Grace Hopper, da sie nicht nur eine weibliche Pionierin in der Informatik war, sondern wir wegen ihr nicht nur plump „Fehler“ sagen, sondern „Bug“.

Wovor fürchten Sie sich?

Bienen – ich wurde schon zu oft gestochen. Aber auch davor, dass ich irgendwann meine Neugierde und meinen Ehrgeiz verlieren könnte, dann stelle ich mir das Leben ganz schön trist vor.

Worauf freuen Sie sich?

Auf das Leben generell – auf alle Höhen und Tiefen und die Chance, daraus zu lernen und zu wachsen.